Sonntag, 17. März 2024

Wiedergefunden

In meinen Unterlagen habe ich den folgenden Leserbrief  vom o5. Oktober 2022 an die "Augsburger Allgemeine" gefunden:

Ich halte es für unangebracht, die Relativitätstheorie kindgerecht erklären zu wollen. Kinder sollten nicht mit abstrusen Ideen von Erwachsenen indoktriniert werden, auch wenn diese Ideen im Gewand der Wissenschaft daherkommen. Schließlich geht es in Einsteins Relativitätstheorie nicht um eine neue Erkenntnis über die Natur, sondern um den sinnlosen Plan, variable Maßeinheiten einzuführen. Um die Relativität der Zeit postulieren zu können, hätte Einstein erst einmal eine überzeugende Vorstellung davon haben müssen, was Zeit ihrer Natur nach eigentlich ist. Als Einstein in seinen letzten Lebensjahren zu recht an seinen eigenen Theorien zweifelte, flüchtete er sich in die Idee, die Zeit sei eine Illusion. Letzteres wird heute von manchen Wissenschaftlern und Philosophen als die allerneueste Erkenntnis verbreitet. 

Also, liebe Fernsehleute, Zeitungsmacher und Kinderbuchautoren, verschont bitte die Kinder mit der Relativitätstheorie. Versucht statt dessen, ihnen eine Ahnung davon beizubringen, was der große Immanuel Kant an bleibenden Wahrheiten über Raum und Zeit geschrieben hat.   

Samstag, 12. August 2023

Inhaltsverzeichnis des Blogs "Was ist Zeit?"


"Wissenschaft besteht darin, Irrtümer loszuwerden." (Karl Popper)


Auflistung der einzelnen Beiträge in zeitlicher Reihenfolge
 
13. März 2011    Kritik der Raumzeit
21. Juli 2012       Rationalismus und Empirismus
5. Jan. 2013        Der Zeitpfeil
26. Jan. 2013      Hat die Zeit eine Geschwindigkeit?
11. Aug. 2013    Ist die Zeit eine Illusion?
13. Aug. 2013    Die absolute Zeit
14. Nov. 2013    Zur evolutionären Erkenntnistheorie
19. Juni 2014     Zeitpunkt, Ereignis, Dauer
9. März 2015      Newton: Raum und Zeit sind absolut
10. März 2015    Leibniz: Raum und Zeit sind Relationen
11. März 2015    Immanuel Kant: Raum und Zeit sind Verstandeskategorien
12. März 2015    Ernst Mach: Die absolute Zeit ist eine metaphysische Idee
13. März 2015    Kant und die evolutionäre Erkenntnistheorie
5. Juli 2015        Diskussion mit Klaus Robra
16. Juli 2015      Theorie der Zeit
12. Juni 2018     Kurze Theorie des Raumes
10. Aug. 2019    Grundlagen der Philosophie von Raum und Zeit
3. Mai 2020       Kurze Abhandlung über Raum und Zeit
29. Nov. 2020    Eine kurze Geschichte der Zeit
13. Aug. 2022    Nicht die Zeit verrinnt - die Welt verändert sich
3. Jan. 2023       Zum Jahreswechsel
21. Apr. 2023    Ein Nachwort, das nicht gedruckt wurde


Meine Kritik von Einsteins Relativität der Zeit finden Sie auf www.zeitrelativ.blogspot.de

Wer ein Buch statt des Bildschirms bevorzugt, dem empfehle ich meine Bücher im Verlag epubli:

Luitpold Mayr: Neue Theorie des Raumes und der Zeit. 60 Seiten. 7,99 Euro. 
ISBN 978-3-752981-04-9

Luitpold Mayr: Was ist Zeit und ist sie relativ? (Eine aktualisierte Ausgabe 2019 von "Theorie der Zeit") 120 Seiten, 14,50 Euro, ISBN 978-3-746713-88-5 . Enthält neben der Theorie der Zeit auch die Kritik von Einsteins relativer Zeit.
Warum überhaupt das Angebot als Buch? Das Internet oder mein Blog kann untergehen durch Sabotage, Stromausfall, politische Wirren. Gedruckte Bücher sind beständiger. Sie haben allerdings den Nachteil, dass sie nicht ergänzt werden können.

Freitag, 21. April 2023

Ein Nachwort, das nicht gedruckt wurde

 Erst nach der Veröffentlichung meines kleinen Buches "Neue Theorie des Raumes und der Zeit" im Jahr 2020 bin ich zufällig auf die Aussage von Immanuel Kant gestoßen: "Wollte man der Zeit selbst eine Folge nacheinander beilegen, so müsste man noch eine andere Zeit denken, in welcher diese Folge möglich wäre."

Dieser Satz ist wenig bekannt, weil er nicht in den grundlegenden Ausführungen Kants über Raum und Zeit zu finden ist, sondern erst an späterer Stelle der "Kritik der reinen Vernunft". Es war für mich eine Offenbarung, das Ergebnis meines jahrelangen Forschens und Nachdenkens über die Zeit durch den großen Philosophen bestätigt zu finden. Nicht die Zeit verläuft, denn sie ist ein festes Maß, sondern die Veränderungen der realen Welt bilden einen Verlauf. Alles fließt, und das Dahinfließen der Welt messen wir am Maßstab der Zeit.   

Auf der einen Seite war ich glücklich über diese Bestätigung meiner Zeittheorie in diesem entscheidendem Punkt durch Immanuel Kant. Denn wer würde mir, dem wissenschaftlichen Außenseiter und Autodidakten glauben, dass die Zeit nicht dahinfließt. Auf der anderen Seite habe ich die Sorge, dass Philosophen, die nie verstanden haben, was Zeit ist, sich auf Kant berufen, wenn sie die Zeit zu einer Illusion erklären. Dabei unterliegen sie einem doppelten Irrtum. Dass die Zeit stillsteht, bedeutet ja keineswegs, dass die Welt stillsteht (sie nennen dieses Unding ein "Blockuniversum"). Der zweite Irrtum: Wir Menschen mögen vielen Illusionen unterliegen, aber nicht alle Verstandesprodukte, wie Raum, Zeit, Mathematik usw. sind Illusionen. Vielmehr sind sie Werkzeuge unseres Verstandes.

Dienstag, 3. Januar 2023

Zum Jahreswechsel

 Das Jahr 2022 ist vorbei, und 2023 hat begonnen. Wie soll man angesichts des Jahreswechsels den Leuten erklären, dass die Zeit weder voranschreitet noch dahinfließt?

Nicht die Zeit schreitet voran, denn sie ist eine Skala, ein fester Maßstab. Sondern die Welt verändert sich ständig, von Sekunde zu Sekunde, von Jahr zu Jahr. Das Voranschreiten der Welt messen wir am Maßstab der Zeit, indem wir die Änderungen und Ereignisse in die Zeitskala einordnen. 

Deshalb ist die Frage sinnlos, mit welcher Geschwindigkeit die Zeit verfließt. Sondern mit Hilfe der Zeit stellen wir fest, mit welchen Abständen und mit welcher Geschwindigkeit die Veränderungen und Ereignisse aufeinander folgen. 

Unser Denken und Erkennen ist an die Formen Raum und Zeit gebunden, und zwar ohne unser bewusstes Zutun. Denn die Denkkategorien Raum und Zeit sind uns angeboren, wie Immanuel Kant schon vor mehr als 200 Jahren gelehrt hat. Mit Hilfe der Zeit ordnen wir das Nacheinander der Dinge, mit Hilfe des Raumes ordnen wir das Nebeneinander der Dinge. Auf diese Weise ordnet der Verstand die Außenwelt, sodass wir uns besser zurechtfinden. Was wir auf der Zeitskala dem Jahr 2022 zuordnen, existiert nur noch in unserer Erinnerung. Was jetzt, in dieser Sekunde stattfindet, ist real. Was wir erwarten, ist zukünftig.

Samstag, 13. August 2022

Nicht die Zeit verrinnt - die Welt verändert sich

 "Die Zeit verrinnt, Nacht folgt auf Nacht,

und immer noch die Katze träumt ..."           (Oscar Wilde)


(zuletzt bearbeitet im Februar 2023)

Dies  ist nur eines von unzähligen Beispielen aus Literatur und Philosophie, in denen das Verrinnen der Zeit geschildert wird. Nach unserer alltäglichen Vorstellung, die jedem von uns als selbstverständlich gilt, fließt die Zeit dahin. Doch die notwendig daraus folgende Frage, mit welcher Geschwindigkeit die Zeit verläuft, kann niemand vernünftig beantworten. 

Manche versteigen sich in ihrer Ratlosigkeit zu der Überlegung, die Zeit sei eine Illusion. Denn die Vergangenheit existiert nicht mehr, die Zukunft existiert noch nicht, und die Gegenwart sei lediglich die Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft. Solche Gedankenakrobatik übersieht jedoch, dass die Zeit nicht aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft besteht, sondern die Zeit befähigt uns dazu, vorher, jetzt und nachher in der realen Welt zu unterscheiden. - Schon Einstein schrieb in seinen letzten Jahren, als ihn Zweifel an seinen eigenen Theorien plagten, die Zeit sei eine Illusion. Das war die logische Konsequenz aus der Relativitätstheorie, nach der die Zeit von der Geschwindigkeit abhängt. Wenn aber in der Welt alles mit unterschiedlicher Geschwindigkeit in Bewegung ist, kann man Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht mehr unterscheiden. 

Die Zeit besteht nicht in der endlosen Abfolge von Tagen und Nächten, sondern wir ordnen und messen diese Abfolge am Maßstab der Zeit. Schon Immanuel Kant hat die Vorstellung der dahinfließenden Zeit verworfen. "Wollte man der Zeit selbst eine Abfolge nacheinander beilegen, so müsste man noch eine andere Zeit denken, in welcher diese Folge möglich wäre." (Kritik der reinen Vernunft). Damit bekräftigt Kant, dass wir jede Abfolge, jedes Nacheinander, nur anhand der Verstandeskategorie "Zeit" erkennen und beschreiben können. Diese Aussage Kants ist kaum bekannt. Ich vermute, dass der Satz, wonach die Zeit nicht aus einer Abfolge besteht und somit nicht verläuft, seinen Schülern und Interpreten derart frappierend und mit der gängigen Vorstellung unvereinbar erschien, sodass sie darüber hinweggelesen haben. (Sollte ich mit dieser Vermutung dem einen oder anderen Kant-Experten unrecht tun, bitte ich um Nachsicht).

Ich gebe zu, der Gedanke wirkt etwas befremdlich und bedarf bewusster Überlegung. Der Blick auf eine gewöhnliche Uhr mit Sekundenzeiger mag dabei hilfreich sein. Der Zeiger symbolisiert nicht den Fortgang der Zeit, sondern ist ein Teil der realen Welt, die sich von Sekunde zu Sekunde verändert. Die Zeit wird dargestellt und abgelesen auf der feststehenden Skala, die nach jeder vollen Zeigerumdrehung wieder bei Null beginnt und dadurch endlos ist. *) 

Für manche Erkenntnisse des großen Philosophen war die Welt um 1800 vielleicht noch nicht reif. Um so mehr trifft dies heute zu, da die Wissenschaft uns erzählt, Raum und Zeit seien physikalische Dinge, die in rätselhaften Wechselwirkungen mit der Materie stünden.

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 *) Das Beispiel mit der Uhr beweist nichts, denn es gibt auch Uhren, bei denen sich die Zeitskala dreht und der Zeiger feststeht. Das Beispiel soll nur helfen, die gewöhnungsbedürftige Vorstellung zu veranschaulichen, dass die Zeit nicht dahinfließt, sondern ein festes Maß ist. Was dahinfließt, sind die ständig wechselnden Veränderungen der realen Welt. 


PS.: Inzwischen bin ich auf ein gegenteiliges literarisches Zitat gestoßen: "Die Zeit steht still. Wir sind es, die vergehen."  (Mascha Kaleko)         





Sonntag, 29. November 2020

Eine kurze Geschichte der Zeit

 Aristoteles (384 - 322) gilt als Begründer der Tradition, die Zeit rational zu erklären. Er definiert die Zeit als die Zahl (oder das Maß) der Bewegung nach dem Früher oder Später. Dagegen kommt der auch heute noch oft zitierte Augustinus (354 - 430) am Ende seiner Überlegungen zu dem Schluss, dass die Zeit ein Rätsel ist.

In der Neuzeit wird die Frage nach dem Wesen der Zeit zunächst in zwei unterschiedliche Richtungen beantwortet. Nach Isaac Newton (1642 - 1727) existieren Raum und Zeit in der gleichen Weise wie andere Dinge. "Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig und ohne Beziehung auf äußere Gegenstände."  Diese Auffassung wurde von der Nachwelt als Substantialismus bezeichnet, weil Raum und Zeit Substanzen sind, d. h. Dinge, die unabhängig von anderen Dingen existieren.  Gäbe es nicht die Dinge, die im Raum und in der Zeit existieren, so gäbe es immer noch Raum und Zeit. - Die Gegenposition zu Newton vertritt Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716). Für ihn sind Raum und Zeit keine realen Dinge, sondern Ordnungssysteme, die in den Relationen zwischen den Dingen bestehen. "Der Raum ist die Ordnung gleichzeitig existierender Dinge, wie die Zeit die Ordnung des Aufeinanderfolgenden." Diese Auffassung wird als Relationismus bezeichnet.

Immanuel Kant (1724 - 1804) diskutiert Substantialismus und Relationismus und verwirft beides. Raum und Zeit sind angeborene Formen unseres Denkens und Erkennens. Die Erfahrungserkenntnis ist durch Formen des Denkens bedingt, welche der Erfahrung vorausgehen. Ohne diese a priori gegebenen Verstandeskategorien (insbesondere die Begriffe von Raum, Zeit, Zahl) ist überhaupt keine Aussage über Objekte möglich. Die angeborenen Denkkategorien gehen jeder Erkenntnis und Wissenschaft voraus und können daher durch die Wissenschaft nicht nach Gutdünken definiert werden. 

Der Physiker und Philosoph Ernst Mach (1838 - 1916) war einer der führenden Vertreter der theoretischen Physik des 19. Jahrhunderts. Nach seiner positivistischen Auffassung konnte Zeit nur etwas sein, das man beobachten und messen kann. Wie schon Newton beklagt hatte, gingen aber die Uhren nicht hinreichend genau, um die absolute Zeit zu messen. Deshalb forderte Mach, die absolute Zeit als eine metaphysische Idee aus der Physik zu entfernen. Der junge Albert Einstein (1879 - 1955), der Ernst Mach als sein Vorbild betrachtete, versuchte dessen Forderung durch die Theorie der relativen Zeit (1905) zu verwirklichen. Der Mathematiker Hermann Minkowski (1864 - 1909) ist der Erfinder der vierdimensionalen Raumzeit. Diese stellt die Effekte von Einsteins relativer Zeit in geometrischer Form dar (sog. "Minkowski-Diagramme"). Damit verbunden ist die Idee, dass Raum und Zeit gegeneinander austauschbar seien. Auf  Betreiben von Max Planck wurde die Raumzeit zum Bestandteil der Relativitätstheorie erklärt.

Im 20. Jahrhundert machten bedeutende Denker die gesamte Bandbreite des Zeitbegriffs - Zeit im kulturellen, historischen, soziologischen, psychologischen, lebens- und existenzphilosophischen Sinne - zum Thema. Meine Philosophie beschränkt sich auf die Zeit, die als Maßeinheit oder als messbar verstanden wird, also die Zeit, die von Aristoteles bis Einstein das Objekt des Denkens ist. Sie wird meist als objektive oder physikalische Zeit bezeichnet.

Sonntag, 3. Mai 2020

Kurze Abhandlung über Raum und Zeit

(zuletzt aktualisiert am 4. Oktober 2020)

1. Raum und Zeit sind angeborene Ordnungssysteme, mit denen die Evolution unseren Verstand ausgestattet hat, damit wir uns besser in der Welt orientieren können.

2. Raum und Zeit existieren nicht wie andere Dinge in der Außenwelt. Sie sind auch keine Eigenschaften der Materie. Sondern sie sind nach Immanuel Kant die grundlegenden Formen unseres Denkens und Erkennens.

3. Außerhalb des Verstandes gibt es weder Raum noch Zeit. In der realen (physischen) Welt gibt es nur die Dinge. Ohne unser bewusstes Zutun ordnet der Verstand das Nebeneinander der Dinge mit Hilfe des Raumes, das Nacheinander der Dinge mit Hilfe der Zeit.

4. Kants idealistische Philosophie sah keinen Zusammenhang zwischen unseren angeborenen Denkkategorien und der realen Welt. Die Lösung dieses Problems liegt in der evolutionären Erkenntnistheorie. Deren ursprüngliche Grundüberlegung stammt von Konrad Lorenz (1903-1989): Genauso wie der Huf des Pferdes zum Steppenboden und die Flosse des Fisches ins Wasser passt, passen Kants apriorische Denkkategorien zur Außenwelt.

5. Das Nebeneinander und das Nacheinander der Dinge zeigt sich in den Relationen zwischen den Dingen, also in Größenverhältnissen, Abständen, Positionen sowie in der Dauer zwischen Ereignissen. Der geradlinig dreidimensionale Raum ist die Maßschablone, mit der unser Verstand die Dinge ordnet und die Form eines Dinges erkennt. Die Zeit ist der Maßstab für die Dauer, d.h. für den Abstand der Aufeinanderfolge zwischen zwei Ereignissen.

6. Die Zeit fließt nicht dahin, sondern ist ein fester Maßstab. Was wir beobachten, ist der Fluss der Veränderungen und Ereignisse. Unbewusst ordnet unser Verstand jedes Ereignis einem bestimmten Zeitpunkt zu. Deshalb glauben wir, dass die Zeit fließt. Anschaulich symbolisiert wird das an der herkömmlichen Form der Uhr: Wir irren, wenn wir glauben, am Lauf des Zeigers den Lauf der Zeit zu beobachten. Das Zifferblatt ist die feststehende Zeitskala. Der bewegliche Zeiger ist dagegen ein Teil der sich ständig verändernden Welt.

7. Die Zeit ist nicht subjektiv, sondern objektiv, weil allen Menschen dieselbe Vorstellung von Zeit angeboren ist. Sie ist objektiv, weil die Sekunde als Maßeinheit exakt definiert und durch Gesetze und internationale Vereinbarungen festgelegt ist.

Der Raum ist ursprünglich subjektiv insofern, als unten und oben in unterschiedlichen Teilen der kugelförmigen Erdoberfläche unterschiedliche Richtungen bezeichnen. Der Raum ist objektiv, weil allen Menschen dieselbe Vorstellung des einen, unveränderlichen Raumes angeboren ist. Der Raum ist auch objektiv, weil wir ihn an bestimmten Dingen der Außenwelt festmachen. Auf diese Weise wird eine Verständigung  der Individuen über die Position von Dingen der Außenwelt möglich. So dient in der Astronomie zum Beispiel die Ebene der Erdbahn um die Sonne als Orientierung. Allerdings fördert die  Objektivierung des Raumes unser angeborenes Vorurteil, der Raum befinde sich außerhalb von uns.

8. Die Zeit ist nicht nur objektiv, sondern sie ist absolut aus folgenden Grund:
Die Welt als Ganzes befindet sich zu jedem Zeitpunkt in einem bestimmten Zustand. Dieser Zustand ändert sich von Augenblick zu Augenblick  durch Bewegung und Veränderung - von den Schwingungen der Atome bis zu Geschehnissen in kosmischer Größenordnung. Wenn die Welt als Ganzes zu jedem Zeitpunkt in einem bestimmten Zustand ist, dann ist jeder Zeitpunkt überall derselbe. Wäre es nicht so, dann würde die Welt als Ganzes nicht gleichzeitig existieren.

9. Unser Verstand ordnet die in der Außenwelt vorhandenen Dinge in das dreidimensionale geradlinige Raumschema ein, ohne dass uns dies bewusst ist. Weil die Dinge in der Außenwelt sind,  glauben wir irrtümlich, auch der Raum befinde sich in der Außenwelt. Aber was ist der Weltraum, wenn der Raum nur im Verstand existiert? Außerhalb des Verstandes gibt es nur die Dinge. Der Raum in der Außenwelt ist eine Projektion des Verstandes. Daher bezeichne ich den äußeren Raum als Raumprojektion. Wir können von Natur aus die Dinge nur im dreidimensional-geradlinigen Raumschema erkennen und beschreiben. Deshalb hat Immanuel Kant den Raum (und die Zeit) als die angeborenen Grundformen unseres Denkens und Erkennens bezeichnet. Übrigens: Die vermutete Sattelform des relativistischen Weltraums ist nur in einem dreidimensional-geradlinigen Raum erkennbar. 

Dass durch die Fortschritte der Mathematik auch mit gekrümmten und mit mehr als drei Dimensionen gerechnet werden kann, verändert nicht die reale Welt. Mathematisch kann man alle Raumpunkte auch in einem zweidimensionales Koordinatensystem darstellen oder auch in einer Linie anordnen (siehe die Minkowski-Diagramme zur Raumzeit). Der mathematischen Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, aber nicht alles was mathematisch darstellbar ist, ist ein Abbild der Wirklichkeit.

10. Die Physik hat sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts für den Relationismus entschieden: danach bestehen Raum und Zeit in den Relationen zwischen den Dingen. Doch eine Philosophie, die nicht zwischen dem zu Messenden (den Relationen der Dinge) und den Maßstäben (Raum und Zeit) unterscheidet, macht Raum und Zeit abhängig von der Materie. Wenn Raum und Zeit Relationen zwischen den Dingen sind, dann verändert sich der Raum und das Zeitmaß wird relativ, weil sich die Dinge bewegen. Nicht ohne Grund gelten heute Raum und Zeit als die großen Rätsel der relativistischen Physik. Manche behaupten gar, die Zeit sei eine Illusion - ein Gedanke, der aus Einsteins späten Jahren stammt, als ihn Zweifel an seiner eigenen Theorie plagten. Dem Positivismus des 19. Jahrhunderts galt alles, was nicht materieller Natur oder nicht sichtbar ist, als Illusion. Doch wir sind im 21. Jahrhundert.